Natürliche Grünsamkeit im Garten
Garten ist nicht gleich Garten – und erst recht nicht natürlich. Was genau ich damit meine, erzähle ich Euch hier. Da ich unter anderem gelernter Landschaftsgärtner bin und seit ca. 8 Jahren selbstständig professionelle Baumpflege betreibe, habe ich nicht nur etwas theoretisches Wissen erlangt, sondern auch einiges an Erfahrung angesammelt. Ich möchte Euch vorher noch kurz erläutern, woher die Gartenkultur ursprünglich stammt, um anschließend über die Probleme der modernen Gartenkultur, hin zu meinem Weg in eine grünsamere Zukunft zu gelangen.
Ein Garten ist nicht natürlich
Die ersten Gärten entstanden schon im alten China (3000 v.Chr.), Ägypten( 2610-2010 v.Chr.) und Babylonien (1115 v.Chr.). Die Kulturen danach (Römer, die alten Griechen…) hatten auch alle ihre eigenen Gartenkulturen. Sie waren logischerweise schon künstlich angebaut, aber dienten auch oft dem Anbau von Obst und Gemüse. Zudem konnten sich diese Gärten nur sehr reiche und mächtige Menschen leisten. Sie waren oft auch Herrscher über ein relativ großes Gebiet. Das führte dazu, dass es nicht viele Gärten gab und sie alle immer einen natürlichen, wilden Waldanteil hatten, da es eigentlich riesige Parkanlagen waren. Somit gab es eine gewisse Balance zwischen Natur und von Menschen gestaltete Landschaften. Erst in der Renaissance veränderte sich, vor allem in der westlichen Kultur, der Garten zu einer richtigen Gartenkunst.
Gesellschaftlicher und Gärtnerischer Wandel
Seit der Renaissance wandelte sich das gesellschaftliche Bewusstsein über die Kunst und dieser Wandel machte auch keinen Halt vor den Gärten. Ein gutes Beispiel dafür ist der Garten von Versailles – dieser strotzt nur so vor perfekter Symmetrie und Gartenkunst. Jedoch ist dies nur ein Garten, der an wilde Parks und Wälder angrenzt und die damaligen Gärtner hatten nur begrenzte Mittel gegen „Unkraut“ und Schädlinge. Nun seit der Renaissance hat sich gesellschaftlich viel verändert. Reichtum und Macht wurden anders verteilt und somit ist es viel mehr Menschen möglich sich selbst, sobald sie Land besitzen, einen Garten anzulegen oder anlegen zu lassen. Inzwischen braucht jemand nur etwas Geld, um selbst oder durch eine Firma einen Garten zu gestalten. Dies plus die Vorteile der Moderne (Maschinen, Geräte, Dünger etc.) führen dazu, dass inzwischen wesentlich mehr Fläche künstlich gestaltet wird als früher.
Selbstverständlich ist dies immer noch weniger gestaltete Fläche als Städte, Straßen oder Land-/Forstwirtschaft. Aber für die Natur gibt es keine Grenzen und man muss Landschaft im gesamten betrachten. Nicht nur falsche Landwirtschaft zerstört die Umwelt, auch der „falsche“ Garten oder Gärtner trägt seinen Beitrag zur Zerstörung der Umwelt bei. Dies hat man z.B. auch in der Stadt feststellen können – unbegrünte Straßen oder Gehwege weisen höhere Temperaturen auf, als Straßen mit Bäumen und Grünflächen. Das kann bei heißen Temperaturen mehrere Grad Celsius Unterschied ausmachen.
Der Weg zu nachhaltigen künstlichen Gärten beginnt
Die Deutsche Bundesregierung und auch die einzelnen Bundesländer führen seit einigen Jahren Gesetze und Regulierungen für Privatgärten ein, um dem Wahnsinn von immer perfekteren Gärten Grenzen zu setzen. Somit sind einige Gifte gegen Insekten, Pilze oder Pflanzen verboten oder unterliegen relativ strengen Anwendungsmöglichkeiten. Einige Bundesländer, wie z.B. Bayern, haben Gesetze und Regeln gegen reine Steingärten festgelegt. Steingärten bestehen meist aus einer Handvoll Pflanzen und Steinen. In ihnen wächst und lebt nichts anderes, zudem Speichern sie Sonnenwärme und geben sie wieder ab – ein bisschen wie in der Wüste oder kargem Ödland.
Es ist nicht nur die Regierung, die sich verändert. Es sind auch die Menschen. Permakultur und andere nachhaltige Formen von Gartengestaltung tauchen immer häufiger auf. Gerade in den letzten 3-5 Jahren fallen mir immer mehr Gärten auf, in denen einige Bereiche verwildert sind und einfach dem natürlichen Kreislauf überlassen werden. Dort sammeln sich unendlich viele Insekten, die wiederum Vögel und andere Tiere anlocken. Diese Gärten strotzen nur so vor Leben – einfach schön.
Mein Weg als nachhaltiger Gärtner
An sich muss sich nicht viel verändern. Ich rede auch nicht davon, dass jemand ein undurchdringliches Dickicht in seinem Garten haben soll. Es muss nur eine leichte Verhaltensänderung stattfinden und etwas mehr Bewusstsein über die Diversität der Pflanzenwelt geschaffen werden.
Als Beispiel nehme ich mal „Unkraut“ auf den Gehwegen. Ich spritze seit meiner Selbstständigkeit kein Gift, egal in welcher Form, auf irgendwelche Flächen, schon gar nicht auf versiegelte Flächen. Ich sage es auch immer wieder gerne: „Unkraut gibt es fachlich gesehen nicht, es sind ausschließlich Wildkräuter, die ungewollt wachsen.“ Möchte jemand keine Wildkräuter, sollte die Person sich hinknien und sie mit der Hand entfernen oder jemanden anständig und fair dafür bezahlen.
Für jeden gefällten Baum pflanzen ich oder meine Kunden einen neuen Baum im Garten.
Bei jedem Auftrag achte ich darauf, so wenig wie möglich in die Natur einzugreifen, um so gut es geht einen relativ natürlichen Kreislauf zu erhalten. Somit werden weniger Ressourcen verbraucht. Es muss weniger gedüngt werden, Grundwasser wird geschont und die Biodiversität bleibt erhalten oder sogar gefördert.
Auch wenn ich dadurch weniger Geld verdiene, da ich weniger Arbeit habe und weniger Materialen verkaufe, ist mir diese Art lieber. Ich komme in gesündere Gärten, die Kunden sind glücklicher und die Arbeit ist leichter. Perfektion ist nun mal nicht leicht zu erreichen, geschweige denn zu erhalten. Abgesehen davon wird es sehr schnell langweilig, wenn ich immer wieder in fast gleiche Gärten komme und denke „Das hab ich doch schon mal gesehen“. Immer gleiche Formen, immer gleiche Steine und immer gleiche Pflanzen. Keine Abwechslung, keine Impulse oder neue Formen. Einfach keine Natur.
„They come in little boxes and they all look just the same“ – sag ich da nur.
Wenn Ihr spezifische Fragen zu einem Problem in Eurem Garten oder Anregungen bzw. Wünsche für eine Anleitung habt, würde ich mich über einen Kommentar oder eine Nachricht freuen.
Grünsame Grüße
Nico
Danke für diesen guten und sehr informativen Artikel!
Ich habe einige Erkenntnisse erlangt, neues erfahren, mich zum Nachdenken angeregt und was am wichtigsten ist mir Hoffnung gegeben. Es zeigt mir auch wie wichtig es ist selbst etwas für die Umwelt zu tun, denn jede Maßnahme, egal wie groß, ist wie ein Stein den man ins Wasser wirft, die Kreise die sich bilden werden immer größer und erreichen immer mehr Menschen.
Andrea
Das freut mich. Bald kommt noch mehr über das grünsame Gärtnern. Damit jeder einen Teil dazu beitragen kann.